Creative Heartbeat

Design im Herzen! Im dänischen Aarhus inspirieren Architektur, Kunst, Kultur das kreative Team der Design Eyewear Group.

„Design ist das Herz unseres Unternehmens”, lautet das Leitbild des kreativen Kleeblatts Catherin Haugerud, Nicoline Brock Jensen, Lau Ruge und Cornelia Therkelsen. Sie entwerfen Brillen für die Marken Prodesign, Kilsgaard und Inface. Ihr Büro liegt in der Firmenzentrale im dänischen Aarhus. Seit die moderne, quirlige Handelsmetropole 2017 zur Kulturhauptstadt Europas ernannt wurde, gilt sie als Eldorado für jede Menge hervorragende Kunst und Kultur. Darüber hinaus prägt Dänemarks größte Universität mit ihren rund 45.000 Studenten das Stadtbild. Die Fakultät für Architektur stehe in dem Ruf, ein Sprungbrett für Architekten und Industriedesigner zu sein, erzählt Catherin Haugerud, die hier ihr Studium absolvierte. Jede und jeder erlebe die Stadt auf eine andere Weise, sagt sie.

„Die dänische Designtradition bekommen wir schon mit der Muttermilch eingeflösst. Unserer DNA können wir nicht entkommen!”

„Ich mag ihre unkonventionellen Ecken wie das Institut for (X), eine Plattform für Kultur und Wirtschaft, die Start-ups Raum für kreative Initiativen bietet.” Auf dem Gelände des ehemaligen Zollgebäudes, zwischen Containern und alternativen Working-Spaces, die als Büros und Werkstätten dienen, machen wir den ersten Stopp auf unserem „Walk and Talk” durch die City. Designer, Künstler, Musiker, Unternehmer und Handwerker gehen hier ihrer Vision nach, eine „gute Stadt für alle“ zu schaffen. Aarhus sei ihr idealer Lebens- und Schaffensraum, sagt Haugerud: „Ist doch ein coole Atmosphäre!”.

Design Eyewear Group Catherin Haugerud

Plattform für Kultur, Wirtschaft und Start-ups: Catherin Haugerud gefällt die coole Atmosphäre des Institut for (X).

Sie wollte Industriedesignerin werden, weil die Vielfalt des Produktdesigns sie reizte. Tatsächlich sei nicht sie zur Brille, sondern die Brille zu ihr gekommen. „Im Architekturstudium gefiel den Juroren die ästhetische Präsentation eines meiner Projekte.” Ein bekannter dänischer Brillenhersteller holte sie schon während des Studiums an Bord. Für ein internationales Brand designte sie zwischenzeitlich Uhren und war als Trendscouterin in der Mode unterwegs. Doch das Brillendesign ließ sie nicht los. Heute treibt Catherin Haugerud als kreativer Motor des dänischen Designteams die Innovation und Ausrichtung der dänischen Marken und Kollektionen voran, während im Pariser Büro die Designkonzepte der Marken Face à Face, WOOW, Nifites und Alium entwickelt werden. Sie liebe es, ihren Job frei und flexibel anzugehen. „Ich switche gern von einem Bildschirm zum anderen, arbeite gleichzeitig an Entwürfen für verschiedene Marken. Da alle eine klare DNA haben, fällt es mir leicht, die Designkonzepte im Kof zu trennen.” Dies nicht zuletzt durch ihre Erfahrung und ihren „Werkzeugkasten“, wie Haugerud ihr grafisches und handwerkliches Rüstzeug nennt. Brillen zu gestalten sei vor allem eine Frage der Ästhetik von Form und Farbe: „Es geht um Dimensionen, Volumen, Proportionen – ähnlich wie in der Architektur, nur abstrakter.” Die Brille sei ein Produkt, das der Mensch benötigte, „das ist mir wichtig. Eine ausdrucksstarke Fassung kann einem Gesicht einen besonderen Twist geben, die Persönlichkeit eines Individuums herausstellen. Beim Gestaltungsprozess habe ich unterschiedliche Charaktere vor Augen, ihren Ausdruck, ihren Stil in Bezug auf Haltung und Kleidung.”

In der Aarhuser Design-Community fühlt sich auch Nicoline Brock Jensen zuhause. Für unser Foto steigt sie auf das Dach des Kulturzentrums „Godsbanen“. Wo früher ein Güterbahnhof stand, bieten heute 10.500 Quadratmeter viel Veranstaltungsfläche für Kunst, Kultur und Design. Aus dieser Höhe ließe sich aus unterschiedlichen Perspektiven über ihre Arbeit sprechen, lächelt Brock Jensen. Studiert hat sie Industriedesign an der Kolding Design School. „Wir lernten nach dem Leitsatz, die Form folgt der Funktion. Der gilt auch für die Brille, bei der wichtige technische Merkmale zu berücksichtigen sind.” Im Design bevorzuge sie klare Linien und rohe, naturbelassene Materialien. Ebenso dezente Farben, was in gewisser Hinsicht sehr dänisch sei. Architektur, Mode, die Natur, Materialien und Formen inspirierten sie, „aber eher indirekt. Ich suche die richtige Balance zwischen Funktion und Ästhetik, die einen wesentlichen Wert bei der Brille darstellt – und einen Mehrwert für den Endverbraucher.” Bei aller Kreativität müsse zuerst der praktische Aspekt einer Brille berücksichtigt werden, betont die Designerin. „Sie muss ihrem Sinn als Sehkorrektur gerecht werden. Deshalb ist es eine Herausforderung, etwas Neues und Kreatives zu entwerfen und dennoch die Funktionalität zu gewährleisten. Wir kreieren Brillen für die unterschiedlichsten Brillenträgerinnen und -träger – eine schwierige Aufgabe. Aber auch der Grund, warum es nie langweilig wird.”

Design Eyewear Group Nicoline Brock Jensen

Nicoline Brock Jensen auf dem Dach des „Godsbanen“, einem Zentrum für Kultur, Kunst und Design im dänischen Aarhus.

Dafür sorge nicht zuletzt die Internationalität der Designteams in Aarhus und Paris, den jede und jeder von ihnen sei von seiner kulturellen Herkunft beeinflußt: „Die französischen Kolleginnen und Kollegen haben eine abstraktere und modischer Designsprache, die sich in verspielteren und farbenfrohen Brillen manifestiert. Wir Dänen sind dafür bekannt, die Besonderheiten der Materialien zu verstehen, welche die Funktionalität bestmöglich unterstützen, was zu eher schlichten und zeitlosen Designs führt.”

„Wir kennen den gesamten Prozess, von der Idee, der Entwicklung bis hin zur Produktion. Das verleiht dänischem Design Charakter und Tiefe.”

Auch Lau Ruge wurde von seinem Studium in Architektur und Industriedesign an der Aarhuser Uni in seinem „Designdenken” geprägt. Ruge bringt zudem Erfahrung in der Produktentwicklung von Uhren und der grafischen Gestaltung von Werbemitteln mit. „Als Produktdesigner kam ich aber für mich zu der Erkenntnis, dass mich mehr langlebige Designs interessieren, als der Aspekt von Trends und Moden. Sicherlich war auch da mein Studium ausschlaggebend, das architektonische Verständnis, das uns mitgegeben wurde. Jedoch inspirieren mich weniger konkrete Architekturprojekte. Ich schöpfe meine Ideen und Intuitionen vielmehr aus Strukturen, Konstruktionen, besonderen Details.”

„Dänisches Design ist gedämpfter, dezenter. Bei unseren Brillendesigns achten wir sehr genau auf die Gesichtsform und Funktionalität sowie kleine wichtige Details.”

Jeder im Team, so Ruge, sei sich der dänischen Designtradition bewusst: „Genauer gesagt, der dänischen Interpretation des bekannten Designleitsatzes ,Die Form folgt der Funktion’. Er entspricht exakt der Art und Weise, wie wir entwerfen. Darüber hinaus fallen mir Adjektive wie Ehrlichkeit und Unprätentiösität ein, sie passen zu den meisten dänischen Designs – übrigens auch zu einem Großteil unser Brillen.” Als einziger Designer in der vitalen Frauenriege, hebt Ruge den Teamgeist hervor.

Design Eyewear Group Lau Ruge

Einziger Designer in einer vitalen Frauenriege: Strukturen, Konstruktionen und besondere Details inspirieren Lau Ruge zu neuen Brillenideen.

„Ich entwerfe hauptsächlich für die Marke Prodesign, bin aber mitunter auch in die Gestaltung für das Brand Inface involviert. Wir teilen die Aufgaben unter uns auf. Natürlich hat jede und jeder seine individuellen Stärken und Besonderheiten. Mehrheitlich basieren meine Designs auf Konzepten für männliche Brillen. Zudem bin ich verantwortlich für die Entwicklung technischer Innovationen. Wir diskutieren viel miteinander und sind uns sehr bewusst, dass Marken- und Designidentitäten voneinander getrennt werden müssen, damit die Unterschiede zwischen den Brands deutlich sichtbar sind und die Geschichte jeder Marke respektiert wird.” Wenn Lau Ruge nicht am Bildschirm Brillen entwirft, sucht er Entspannung in der City. Aarhus habe viel zu bieten: „Natur, Wald, Strand, – hier hat man alles in einer Stadt mit Atmosphäre!” Für das Portraitfoto wählt er eine Kletterwand am Fluss Aarhus Å, unweit der Firmenzentrale. „Die passt zu mir und meiner Liebe zur Natur, zum Sport – mitten im Herzen von Aarhus!”

Design Eyewear Group Cornelia Therkelsen

Aarhus ist Lebendigkeit und kulturelle Vielfalt: Cornelia Therkelsen übersetzt alltägliche Beobachtungen und Eindrücke in ihr Brillendesign.

Cornelia Therkelsen fügte dem Bachelor in „Accessory Design“ an der Design School Kolding einen Master samt einer Spezialisierung auf Nachhaltigkeit im Industriedesign an. „Schon während des Studiums reizte es mich, mit Produkten in einem kleinen Maßstab zu arbeiten, bei denen es auf Details ankommt. Dieser Detailreichtum fasziniert mich am Brillendesign, ebenso die Komplexität der Kombination von Materialien, Farben und Formen. Am Ende muss ein hochfunktionales und ästhetisch ansprechendes Qualitätsprodukt herauskommen.” Auch bei ihr klingt das chorale „form follows function“ an – das Design-Mantra, das alle im Team zitieren. „Beim dänischen Design geht es um Ehrlichkeit, das gilt für die Materialwahl wie auch für die Formensprache. Schlüsselwörter für mich sind zudem Minimalismus, Funktionalität und Schlichtheit, die ein Design ohne Dekoration oder nutzlose Details definieren.” Auch sie schaut mit einem Auge auf die Architektur, „aber es können genauso gut ganz andere Dinge sein, wie technische Lösungen für Alltagsgegenstände, Strukturen oder Farben. Oder Menschen, die mich inspirieren.” Therkelsen entwickelt vornehmlich neue Konzepte für die Marken Prodesign und Inface. „Das Inface-Design durchläuft derzeit eine Phase der Revitalisierung, um die Marke zu stärken. Für diesen Prozess bin ich verantwortlich.” Ihre Stärke im Team sei ihr Organisationstalent: „Das braucht es, um den Überblick zu behalten”, weiß sie.

„Gutes Brillendesign ist die perfekte Kombination aus Funktionalität und Ästhetik. Das Aussehen mit einer Brille drückt Identität und persönlichen Stil aus.”

Aarhus gefällt ihr ob seiner Lebendigkeit, der kulturellen Verschiedenheit der Bewohnerinnen und Bewohner, der Buntheit der Stadtbezirke. „Diese Vielfalt ist für mich und meine Arbeit wichtig. All die kleinen Beobachtungen und Eindrücke meines Alltag übersetzte ich, wenn auch unbewusst, in mein Design.” Bei unserem Spaziergang stoppt sie vor einer knallgelben Containerwand. „Eines meiner ersten Farbkonzepte basierte auf einer knallig gelben Farbe. Die Resonanz aber brachte mich zur Erkenntnis, dass Gelb im Gesicht nicht so gut wirkt. Auch wenn es sehr auf die Farbintensität, die Nuancen und das Brand ankommt. Gelb ist eine starke Farbe! Derzeit arbeite ich gerade mit einer gelben Farbe, von der ich sicher bin, dass sie perfekt zu der Brillenform und Zielgruppe passt, die ich im Kopf habe.”

Fotos: Angela Mrositzki