Home of Design auf der Mailänder Design Week

Erstveröffentlicht in der Herbst-/Winter-Ausgabe 2025/26

Mailand im April. Die „Design Week“ (auch „Salone del Mobile“ genannt) zählt zu den bedeutendsten Designschauen weltweit. Messe, Museen, Galerien und designaffine Geschäfte zeigen die Arbeiten international renommierter Designerinnen und Designer, Seite an Seite mit Künstlerinnen und Künstlern. Sublime Eyewear Creativ Director Angela Mrositzki hat Highlights mit ihrer Kamera aufgespürt.

Der Salone del Mobile, die prestigeträchtige Mailänder Designwoche, zählt zu den internationalen Designmessen der Extraklasse: Fast 2000 Marken präsentieren sich in den Hallen des Kongresszentrums Fiera Milano. Mit dem besonderen i-Tüpfelchen des erweiterten „Fuorisalone“: Im Stadtzentrum der norditalienischen Metropole findet eine Woche lang ein Come Together junger talentierter wie etablierter Designer und Designerinnen statt, die Installationen, Objekte, innovatives Industriedesign und Produktpremieren zeigen. Zahlreiche Events ziehen zudem ein designaffines Publikum aus aller Welt an. Geduldig steht man in der Schlange zu Ausstellungen in Galerien, Museen und Showrooms. Es sei denn: Man ist in Begleitung von Francesca Valan. Die in Mailand ansässige und in der Eyewear bekannte italienische Industriedesignerin und Farbexpertin ist in der Designszene zuhause. Mit ihr tauchte Sublime Eyewear Creative Director Angela Mrositzki tief in die Mailänder Designwelt ein.

Poesie. Kreation. Emotion. Das Interview zur Design Week.

Francesca Valan, ich nehme an, Sie verpassen nie eine Design Week in Mailand?

Der Salone del Mobile ist seit langem die Anlaufstelle für Design – nicht nur für italienisches, sondern auch für internationales Design. Es ist nicht nur eine Messe, sondern ein Event, bei dem Design mit Mode, Theater, Musik, Kunst und Kulinarischem verwoben ist. Design wird hier in einem erweiterten Sinne interpretiert, ist nicht nur Ausdruck von Lifestyle-Trends, sondern von Tendenzen gesellschaftlicher Werte und Lebensstilen.

Für wen lohnt sich Ihrer Meinung nach ein Besuch?

Die gesamte Designweek zu sehen, ist nahezu unmöglich. Ich empfehle, ein Programm abgestimmt auf die eigenen Interessen zusammenzustellen. Beispielsweise beschäftige ich mich mit Farb- und Materialdesign und besuche Veranstaltungen von Unternehmen, die in diesen Bereichen forschen. Da die Veranstaltungsorte nahe beieinander liegen, entdeckt man oft rein zufällig interessante Installationen oder Ausstellungen. Das Viertel Brera ist immer einen Besuch wert, auch weil es zur Designwoche historische Bauten zu besichtigen gibt, die sonst für Besucher nicht geöffnet sind. Tortona ist das experimentelle Viertel, aber auch neue Standorte außerhalb Mailands, wie Alcova, sind ein Muss. Ich bin überzeugt, ein Besuch lohnt sich immer.

Welche Präsentationen haben Sie besonders beeindruckt?

Eine der interessantesten Installationen war die „Library of Light“. Das sich drehende Bücherregal mit verspiegelten Oberflächen, die das Sonnenlicht auf Säulen und Statuen projizierten und sie erhellte, thema tisiert die kulturelle Auseinandersetzung mit der Vergangenheit – Kultur bringt Licht und Erleuchtung. Die Ausstellung „Being Mutina“ war für mich eine der schönsten. Brigitte Niedermair schuf physische, dreidimensionale Bühnenbilder in unterschiedlichen Perspektiven, fotografiert mit interessanter Beleuchtung. Aqua Clara mit Fokus auf Forschung und Innovation war für mich die beste Designinstallation: Ausrangierte Wasserflaschen verwandelt in spannende Architekturmaterialien. Der erzählerische Faden der Ausstellung „Elle Decor Alchemica“ ist mit der Alchemie verknüpft, der Transformation von Materie. Hier wird die Metamorphose häuslicher Räume repräsentiert, die sich einer sich weiterentwickelnden Gesellschaft anpassen. „Frozen“ von Tokujin Yoshioka war eine poetische und stille Installation, die uns über den Fluss der Zeit durch die Materie nachdenken lässt: Eissessel mit unterschiedlichen Eistexturen, die sich im Laufe der Zeit verändern.

Fotos: Angela Mrositzki

Home sweet home. Heim. Zuflucht. Vitaler Lebensraum. Die von der spanischen Designerin Patricia Urquiola kuratierte Installation „Elle Decor Alchemica“ untersucht das Zuhause als einen lebenden Organismus in dynamischer Entwicklung – ein fließender und anpassungsfähiger Ort, der tief i soziokulturellen Veränderungen und zeitgenössischen Lebensstilen verwurzelt ist. Der Themen wie die Fluidität von Räumen, Naturverbundenheit, die Beziehung zwischen Handwerkskunst und Industriedesign und Ökologie widerspiegelt. Im Bild zu sehen ist der Wohlfühlraum „Albedo“ – ein Ambiente das zum Relaxen einlädt.
„Being Mutina“. Keramikfliesen als künstlerisches Projekt: Der italienische Hersteller Mutina zelebriert sein zwanzigjähriges Firmenjubiläum in der Zusammenarbeit mit der international renommierten Künstlerin und Fotografin Brigitte Niedermair. Keramik wird zum Protagonisten emotionaler und narrativer Räume in der Kombination von Bildkompositionen und Installationen, mit der Niedermair die Essenz des keramischen Materials erkundet und einen Dialog zwischen Design und Kunst schafft.
Trace of Water. Oder: Wie aus Plastikabfall Kunstobjekte und attraktive Materialien in der Architektur werden. Das vom japanischen Designlabor Honoka und Aqua Clara, einem führenden Unternehmen auf dem japanischen Wasserspendermarkt entwickelte Projekt, führt benutzte PET-Wasserspender in neue Anwendungen über – ganz im Sinne eines umweltbewussten kreislauforientierten Designs und einer nachhaltigen Zukunft.
Auf der „Suche nach dem Objekt“: Hermes präsentierte schwebend weiße Boxen im Raum, die einen farbigen Schein auf den Boden projizieren. In den Nischen ausgestellt waren Exponate der Heimkollektion. Im Bild ein lackierter gläserner Beistelltisch mit einer Tischplatte aus japanischem Zedernholz, Design Tomás Alonso.
Künstlerin Brigitte Niedermair zu ihrer Mutina-Installation: „Ich hatte noch nie die Gelegenheit, etwas so Verrücktes zu schaffen: Räume, die weder Gegenstände noch Menschen beherbergen müssen, nur Licht.“
Installation „Frozen“. Die „Aqua Chair“ aus gefrorenem Wasser vonTokujin Yoshioka für Gran Seiko stehen für eine poetische Begegnung zwischen Zeit, Natur und Design. Licht, Wind und Wettereinflüsse verändern ihre Form – bis sie ganz verschwinden.
Trace of Water: Das japanische Designteam von Honoka forscht zu nachhaltigen Materialien und Technologien wie der Wiederverwertung von Kunststoff-Flaschen.
„Kompass für den Geist“: Die „Library of Light“ von Es Devlin im Innenhof des Kunstmuseums Brera zeigt eine rotierende, verspiegelte Skulptur samt Audio-Installation, die aus beleuchteten Regalen und über 2.000 Büchern (gespendet vom Verlag Feltrinelli) besteht und Gedanken aus Schriften wegweisender Akademikerinnen und Akademiker zitiert, untermalt von klassischer Musik.
NEXT