Brillendesigner über ihre Farbfavoriten: Sven Götti & Thomas Frischknecht

Erstveröffentlicht in der Herbst/Winter-Ausgabe 2023/24

Faszination. Experiment. Emotion. Designer arbeiten mit Farbkonzepten, Moodboards, Farb- und Trendvorhersagen, Musterentwicklungen, Materialcollagen und empirischen Zukunftsszenarien. In der Sublime Eyewear sprechen sie über die Ästhetik der Farbe, ihre persönlichen Farbfavoriten. Und über ein Brillendesign, das Farbe nicht scheut.

Von der ersten Skizze bis zum komplexen Baukastensystem entwickelt das Brand Götti seine Kollektionen in Wädenswil am Zürichsee. Brillendesigner Sven Götti vertraut vor allem auf sein Bauchgefühl. „An die Bestimmung der Farben gehen wir weniger mit dem Verstand als mit dem Herzen heran. Dabei berücksichtigen wir natürlich, welche Fassungen gut funktioniert haben, wägen ab, welche Farbdesigns weitergeführt werden sollten.“ Das Brillenuniversum der Schweizer umfasst diverse Linien: Von leichten, eleganten Titanbrillen über meisterhaft von Hand polierte Fassungen aus Acetat sowie die Randlos- Kollektion Perspective bis hin zur Linie Dimension mit zeitgemäßen, im 3D Druck produzierten Brillen. In den Gestaltungsprozess involviert ist Thomas Frischknecht. Jedes Design fordert das kreative Duo.

Thomas Frischknecht (links) bevorzugt Naturtöne, Sven Götti mag intensives Kolorit, auch Neonfarben.

„Formen und Farben müssen in erster Linie für uns stimmig sein. Es hat sich gezeigt, dass sie es dann auch für andere Menschen sind, in jedem Fall für unsere Brand-Community“, betont der Designchef. Trotzdem verändere sich das eigene Empfinden. Frischknecht: „Was wir heute interessant finden, entwickelt sich ständig weiter. Formen und Farben, die vor einigen Jahren undenkbar waren, sind heute zeitgemäß. Man darf nie stehen bleiben.“ Bei der Gestaltung jeder Kollektion folgen sie dem konzeptionellen roten Faden. Doch die Suche nach der Idee zu einer neuen Linie beginnt mit einem leeren Blatt Papier, ohne konkrete Vorstellung und Inspiration. „Wir lassen unserer Imagination freien Lauf, überlegen, was wir spannend finden. Zuerst entsteht das Konzept, wir definieren die Brillenformen, die Farbwelten kommen im zweiten Schritt. Steht die Linie, wird die Farbwelt danach ausgerichtet. Damit ist klar, wohin die Reise geht.“

„Wir spüren, dass die Menschen gerne mehr Farbe, mehr Freude, im Gesicht tragen.“

Das Wechselspiel aus reiner Intuition einerseits und der konzeptionellen Herangehensweise andererseits sichere die Kontinuität bei Formen und Farben, erklärt Sven Götti. Anregungen liefert unter anderem ihr Archiv aus Material- und Farbmustern. „Gerade beim Acetat ist zu sehen, wie viele unendliche Variationen nicht nur einzelner Farben, sondern auch von Farbschichtungen und Farbkombinationen, dem Spiel mit transparenten, halbtransparenten und Volltönen möglich sind.“ Die Wirkung sei jedes Mal verblüffend anders. „Sie verändert sich mit den Eigenheiten des Materials, jeder Ton erzielt bei einer Actetat- oder einer Metallbrille eine andere Farbwahrnehmung. Diese Wechselwirkung zwischen Farben und Materialien auszuloten, ist extrem spannend.“

In der Götti-Farbwelt dominieren stilvolle, dezente Töne. Zu den ikonischen Farben gehört ein leicht ins Grünliche und Rötliche tendierendes Havanna – für viele Augenoptikerpartner das „Götti-Havanna“.

Die Farbgestaltung brauche positive Schwingungen, gesteht Sven Götti. „Wir lachen dabei viel und gern! Wäre die kreative Arbeit ernst und schwer, wird es anstrengend. Bringt man Humor hinein, spiegelt sich das in der Farbwahl wieder.“ So in der jüngsten Perspective-Kollektion, wo plötzlich ein leuchtendes Pink oder Hellblau frische, fröhliche Akzente setzen. Götti: „Die Gretchenfrage für uns lautet: Würden wir selbst die Brille aufsetzen? Für den Brillenträger ist es wichtig zu wissen, welche Wirkung die Brille in seinem Gesicht hat.“

Fotos: Götti

NEXT