Weniger ist mehr: Designs des Schweizer Brands Götti

Erstveröffentlicht in der Frühjahr/Sommer-Ausgabe 2023

Slow Eyewear – inspiriert von der Natur: Reduktion und Vereinfachung sind die Idee hinter dem nachhaltigen Brillenkonzept des Schweizer Designers Sven Götti und seiner Kollektion „Bionic“

Die Natur macht die Menschen glücklicher, leistungsfähiger und ausgeglichener, haben Wissenschaftler nachgewiesen. Flora und Fauna üben einen positiven Effekt auf unsere Kreativität und Denkfähigkeit aus. Als Inspirationsquelle für neue Fassungsdesigns dient die Natur auch Sven Götti, der jüngst seine Kollektion „Bionic“ präsentierte. Verfahren, Konstruktions- und Entwicklungsprinzipien der Natur in Technik umzusetzen – diese Eingebung hatte schon Leonardo Da Vinci. Der italienische Künstler, Naturphilosoph und Universalgelehrte gilt als der erste Bioniker. Das Flugverhalten der Vögel studierend, versuchte er nach ihrem Vorbild Flugmaschinen für den Menschen zu konstruieren. Heute liefert die Bionik – eine Kombination der Wörter Biologie und Technik – innovative technische Lösungen für viele Produktbereiche.

Schlichte, schöne Ästhetik: Die neue Bionic-Kollektion der Schweizer Designschmiede Götti setzt auf vier schlichte, klassische Formen, eine dezente Farbgebung und angenehme Haptik. Natürliches Kolorit wie Sand, Asche und ein Rosé bilden die Basics der Farbpalette.

Mit der Kollektion „Bionic“ stellt das Schweizer Brand nun ein nachhaltiges Brillenkonzept vor, angefangen vom Material, dem Produktionsstandort, der Verpackung bis hin zum durchdachten Fassungsdesign, wie Designer Sven Götti erklärt. Mit „Slow Eyewear“ fand man zudem einen schlagkräftigen Begri für das Konzept, das einen Grundstock von vier klassischen Formen vorsieht, darunter eine ausdrucksstarke Pantofassung, die ebenso in einem dünneren Rahmendesign angeboten wird. Neben der Panto- gehört auch eine Trapezform in den Varianten dünner und dicker zur ersten Kollektion. So könnten sich Brillenträgerinnen und Brillenträger individuell für eine eher kräftigere oder eine feinere Fassung entscheiden, erklärt der Designer.

Die Natur liefert innovative technische Lösungen: Vorbild für die Kollektion „Bionic“ sind die Bewegungsabläufe des menschlichen Schulter- oder Hüftgelenks.

An der neuen Bionic-Linie begeistere ihn das stimmige Gesamtkonzept und die Fassungskonstruktionen, so Sven Götti. Für die Umsetzung des Konzepts habe es viele Entwicklungsschritte, Tests und Abstim-mungen gebraucht. Eine Besonderheit: Das Bionic-Kugelscharnier wird im 3D-Druck mit der Fassung zusammen produziert, es kommt ganz ohne Metall, ohne Schrauben aus. „Ein Kugelgelenk ist a priori von der Natur inspiriert, als Vorbilder dienten die Funktionen des menschlichen Schulter- oder Hüftgelenks.“ Nachhaltig sei auch der Werkstoff der Fassungen, ein Polyamid, das aus den Samen der Rizinuspflanze gewonnen wird. Zum Prinzip der Vereinfachung gehöre, die Kollektion überschaubar zu halten.

Innovatives Konzept: Durch Reduktion und Vereinfachung entsteht eine nachhaltige Brillenkollektion – vom Material, der Konstruktion, dem Produktionsstandort, der Verpackung bis zum durchdachten Design.

Die Auswahl bei Formen und Farben sei begrenzt, erklärt Sven Götti. „Was allerdings eine Weiterentwicklung nicht ausschließt. Die sehe ich allerdings mehr bei Variationen bestehender Designs oder in technischen Finessen wie einem Clip-on oder einem speziellen Sonnenbrillenmodell. Es wird eher eine Evolution in die Tiefe als in die Ausweitung der Kollektion.“ Ungeachtet der begrenzten Modellauswahl aber erfülle „Bionic“ alle Ansprüche und Bedürfnisse in puncto Ästhetik und maximalem Tragekomfort, ergänzt der Kreativchef. Sollte eine Brille einmal nicht hundertprozentig passen, ließe sie sich individualisieren. „Dafür benötigen wir vom Augenoptiker auf den halben Millimeter genaue Maße für Fassung und Glas. Das ist die Idee, mit der wir Brillenträgerinnen und Brillenträger begeistern möchten.“

Zu den Besonderheiten der Kollektion Bionic zählen das Kugelscharnier, das in einem Druckvorgang mitproduziert wird, sowie das einfache Stecksystem. Die Brillen werden aus einem biobasierten Polyamid gefertigt: ein Grundmaterial, keine Schrauben, keine Metallelemente, keine zusätzlichen Werkstoffe.

Die Kollektion treffe genau den Zeitgeist, ist der Brillendesigner überzeugt. „Heutzutage wünschen sich die Menschen einfachere, nachhaltige Produktlösungen. Mit Bionic möchten wir ein ehrliches Produkt anbieten, dessen Konzept über das Material hinausgeht bis hin zu einer nachhaltigen Fassungsproduktion im 3D-Druck. Jeder Schritt der Brillenfertigung vom Druck über die Feinarbeit, das Schleifen und Polieren von Hand der Oberflächen, das Finishing erfolgt an unserem Standort in Wädenswil bei Zürich. Von hier wird jede fertige Fassung versendet. Selbst das Restmaterial, das beim 3D-Druck abfällt, findet bei uns seine Verwertung: Ein Schweizer Künstler macht daraus coole Objekte.“

Fotos: Götti Switzerland

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