Zu Besuch in einer Metallbrillen-Manufaktur

DEOMA, Koberg & Tente

Erstveröffentlicht in der Frühjahr/Sommer-Ausgabe 2025

Metall ist ein kalter Werkstoff, doch mit der nötigen Energie ermöglicht er eine schier unendliche Formensprache. In der Manufaktur von Alessandro Picicci entstehen aus Edelmetallen Brillen in höchster Qualität, unter anderem auch von Koberg & Tente.

Alessandro Picicci fand seine Bestimmung eines Tages in einem Schaufenster der Stuttgarter Innenstadt. Dort lag eine Brille – eine Bohrbrille von Vogart. Diese Modelle waren Anfang der 90er-Jahre sehr angesagt. Sie erinnern sich vielleicht noch dunkel an den stockgeraden, über den Augen verlaufenden Fassungsrand, der irgendwie an eine Monobraue erinnerte – damals allerdings Kult war. Für den Geldbeutel des Schülers war die Brille zu teuer. Aber, dachte Picicci, kann es so schwer sein, so eine Brille nachzubauen? Der örtliche Augenoptiker staunte nicht schlecht, als der junge Mann einige Wochen später mit der selbstgebauten Brille im Laden stand und sein Werk verglast haben wollte. Seitdem haben Picicci Brillen nicht mehr losgelassen.

Heute, rund 30 Jahre später, baut oder verarbeitet Picicci mit seiner Firma DEOMA – ein Akronym für Design und Optik Manufaktur – täglich hunderte Brillen für verschiedenste Brillenfirmen weltweit. Unter den Kunden des sympathischen Schwaben mit italienischen Wurzeln ist auch Koberg & Tente. Im Jahr 2011 kam das Unternehmen aus Münster auf DEOMA zu: Man wollte die Produktion seiner Brillen nicht mehr ins Ausland vergeben, sondern in Deutschland belassen. Seitdem haben Alessandro Picicci und Koberg & Tente-Geschäftsführer Frank Tente bereits einigen tausend Metallbrillen auf die Welt geholfen.

Am Anfang jeder Brille steht immer eine Skizze. In engem Dialog mit den Kunden wägt Picicci die Umsetzbarkeit neuer Designs ab – zum Beispiel bei Scharnieren. Sobald das Design feststeht, beginnt die Produktion: Metallbleche, aus Edelstahl oder Titan, werden maschinell zugeschnitten. Präzise Laserschneid anlagen und computergesteuerte Fräsmaschinen bringen die Grundform der Brillenfassung hervor. Die zugeschnittenen Metallteile werden entgratet und im nächsten Schritt poliert. Danach können die Brillen lackiert oder mit speziellen Beschichtungen versehen werden, die die Oberflächen schützen und eine edle Optik verleihen. Auch hier geschieht sehr viel in Handarbeit. Bei manchen Fassungen werden mit einem Pinsel Tupfen aufgetragen oder gar Glitzerstaub auf der Oberfläche der Bügel verarbeitet. Mit einem Laser erfolgt zum Schluss die Gravur – ebenfalls von Hand. Je nach Wunsch ist dann im Bügel deutlich „Made in Germany“ zu lesen.

DEOMA, Koberg & Tente

Picicci schätzt, dass es bei einer Koberg-Titan-Brille zwischen 50 und 80 Schritte zwischen Rohmaterial und fertiger Fassung sind.

Nachdem die Grundfassung fertiggestellt ist, übernehmen gelernte Augenoptiker und Augenoptikerinnen die Endmontage. In Handarbeit werden die Bügel – je nach Design – mit feinen Schrauben befestigt sowie die Nasenpads angebracht. Die bei DEOMA gefrästen Gläser vollenden die Brille. Bei einer finalen Kontrolle werden die Passform, Stabilität, Funktion und Oberflächenveredelung geprüft. So entsteht ein Produkt, das nicht nur höchsten Ansprüchen an Qualität und Design genügt, sondern auch die Leidenschaft und das Know-how einer traditionsreichen Manufaktur widerspiegelt. Die meisten der zahlreichen Arbeitsschritte einer Metallbrille sind auf den Fotos nicht sichtbar, aber Picicci schätzt, dass es bei einer Koberg-Titan-Brille zwischen 50 und 80 Schritte zwischen Rohmaterial und fertiger Fassung sind. Das variiere allerdings – je nach Auftraggeber und Modellart.

Metall ist, so gesehen, ein nicht wegzudenkender Bestandteil in Piciccis Arbeit. Er fühlt sich in der Handhabung dieses Werkstoffs zuhause, wie er erzählt. Die Bilder stehen sinnbildlich für den Prozess der Herstellung: Man sieht, wie das Rohmaterial – häufig Bleche, aber es gibt auch Drähte und Profile – im Laufe seiner Bearbeitung in die Form einer Brille findet. Was alles an Planung und Aufwand hinter der Brille als fertigem Produkt steht, ist für denjenigen, der sie letztendlich irgendwann vor Augen trägt, kaum mehr nachvollziehbar. So findet bei Brillen, die noch aus echten Manufakturen stammen, Handwerk in mehrfachem Sinne statt. Denn bevor der Augenoptiker oder die Augenoptikerin aus einem Produkt ein Accessoire mit Persönlichkeit und individueller Sehstärke schafft, ist bereits viel Handarbeit in der Manufaktur in die Brille geflossen. Und bestenfalls bleibt jemand vor dem Schaufenster mit solch besonderen Brillenfassungen nicht nur stehen, sondern erweist dem Geschäft einen Besuch. Es muss ja nicht gleich ein so lebensverändernder Besuch sein wie bei Alessandro Picicci.

DEOMA, Koberg & Tente

Die (ganze) Dauer der Fertigung einer solchen Brille in Manufakturqualität beläuft sich auf mehrere Tage.

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