Erstveröffentlicht in der Herbst/Winter-Ausgabe 2024/25
Was bedeutet eigentlich „schön“? Auf der Suche nach einer Definition finden wir schnell Beschreibungen wie „besonders reizvoll“, „ansprechend“ oder „wohltuend für das Auge“. Nichts weniger als „die schönsten Brillen der Welt“ zu kreieren, war die Vision des Ehepaares Anneliese und Arnold Schmied, als sie vor sechzig Jahren das Unternehmen Silhouette Group in Österreich gründeten. Das gilt bis heute.
Rahmenloses Design: eine Brillenvision von Dauer
Begonnen hat alles 1964 in einer Holzbaracke. „Mit ein paar alten Maschinen und fünf Mitarbeitern“, erinnert sich Michael Schmied, CMO der Silhouette Group und Enkel des Gründerehepaars Anneliese und Arnold Schmied, der uns bei unserem Besuch in Linz auf sechzig Jahre Unternehmens- und Familiengeschichte mitnimmt. „Trotz der großen Aufgabe, eine Firma aufzubauen, waren meine Großeltern Familienmenschen. Sie hatten vier Kinder, das Unternehmen saß quasi als fünftes Kind mit am Abendbrottisch. Ich selbst erinnere mich, wie ich als kleiner Junge zum ersten Mal in den Betrieb kam und durch die Produktion ging oder wie der Großvater verschiedene Brillen zum Testen mit nach Hause brachte und sie stolz vorführte. Von daher ist die Silhouette Group ein Teil der Familie und natürlich immer präsent. Im positiven Sinne.“
In Familienhand ist das Unternehmen geblieben. Anneliese und Arnold Schmied übergaben es im Jahr 2000 an ihre Söhne Arnold jun. und Klaus. Im Jahr 2019 folgte Michael Schmied, Sohn von Arnold jun., der die Firma zusammen mit derzeit zwei weiteren Vorständen leitet. Die Gründungsvision der Schmieds hat auch heute noch Bestand: „Die schönsten Brillen zu kreieren und dabei Qualität als selbstverständlich anzusehen“, erklärt Michael Schmied. „Dabei hat sich über die Generationen viel verändert – die Technologien, das Konsumentenverhalten, die Marktstruktur und der Wettbewerb. Aber der Anspruch bleibt.“
Mit Acetat-Brillen fing alles an. Designerin Dora Demmel, Mitarbeiterin der ersten Stunde, entwarf die ersten Fassungen, darunter die Kollektion „Futura“, die in den 1970er Jahren weltweit erfolgreich war. Mit ihrem unverwechselbaren futuristischen Space-Age-Design zog die Kollektion die Aufmerksamkeit anspruchsvoller Brillenkundinnen und -kunden auf sich. Den Durchbruch schaffte der österreichische Brillenhersteller jedoch mit hochwertigen randlosen Brillen. Mitte der 1970er Jahre brachte Silhouette die erste randlose Brillenkollektion auf den Markt. Mit der „Minimal Art“ gelang Silhouette ein weiterer Coup. Ihr folgte nach der Entwicklung einer damals neuartigen Titanlegierung die nur 1,8 Gramm leichte Kollektion „Titan Minimal Art“ (TMA).
Entwickler der einzigartigen TMA war Gerhard Fuchs. „Ich bekam Anfang der 1990er Jahre den Auftrag, mich mit dem Thema Minimalismus und Reduktion zu beschäftigen“, erzählt der Designer vor Ort in Linz. „Also habe ich mir überlegt, was man alles weglassen kann. Da war zunächst das Scharnier. Ich mochte die Schrauben an der Brille überhaupt nicht.“ Als gelernter Werkzeugmacher bearbeitete er ein Stück Draht mit dem Hammer und so entstand das erste Minimal-Art-Modell komplett aus einem einzigen Draht. „Die Gläser hingen an einer speziellen Halterung, die wir uns patentieren ließen. Es bedurfte allerdings einer Reihe von Experimenten und Prototypen, um die Spitzenqualität des scharnierlosen Fassungsdesigns zu gewährleisten.“ Was glücklicherweise gelang. „Von der Ursprungsidee her bleibt die Titan Minimal Art ein ,Nicht-Design‘“, so Fuchs weiter. „Je klarer und reduzierter ich im Design bin, umso länger hat es Bestand. Trotzdem ist die TMA für mich so wandlungsfähig wie ein Chamäleon. Ich kann durch Details mit dem Glas, mit der Tönung, den Scheibenformen und den Abmessungen einen anderen Look erzeugen.“
Seit dem Jahr 2000 sind TMA-Brillen für die Raumfahrt zertifiziert und wurden von Astronautinnen und Astronauten bei über 70 Weltraummissionen getragen. Ausschlaggebend dafür war, dass die TMA ohne Schrauben und Scharniere auskommt und somit keine Gefahr durch sich lösende Teile besteht. Bis heute sind die optischen Brillen von Silhouette fester Bestandteil internationaler Raumfahrtmissionen.
„Wer kein Risiko eingehen möchte, sollte in der Früh nicht aus dem Bett aufstehen“, sagte Arnold Schmied. Er bewies mit innovativen Brillenkonzepten Mut – und war damit erfolgreich."
In Linz werden neben Randlosbrillen auch Vollrand und Halbrand- sowie Sonnenbrillen samt optischer Gläser in den unterschiedlichsten Ausführungen entwickelt, produziert und montiert. Etliche davon bestehen aus dem von Silhouette entwickelten Kunststoff SPX (S steht für Silhouette, P für Polyamid und das X für einen geheimen Zusatzstoff), der die Herstellung leichter und stabiler Brillen ermöglicht. Neben der Kernmarke Silhouette führt das Unternehmen zudem die Sportbrillenmarke Evil Eye. Das besondere Angebot für fehlsichtige Sportler sind Performance-Sportbrillen mit Korrektionsgläsern. Die Brillenmarke Neubau Eyewear rundet das Sortiment der Silhouette Group ab. Sie bietet avantgardistisches Design und Produktlinien aus nachhaltigen Materialien wie pflanzenbasierten Kunststoffen, Titan und recyceltem Edelstahl.
Damit deckt die Gruppe drei verschiedene Stilrichtungen und Designs ab. „Wir sind stolz darauf, ein unabhängiges Familienunternehmen zu sein, und das wollen wir auch bleiben“, blickt Michael Schmied in die Zukunft. „Die Vision meiner Großeltern wird auch in den nächsten Jahrzehnten ihre Gültigkeit haben. Ich glaube nur, dass sich das ,Wie‘ grundlegend ändern wird. Ich denke da an die neuen Technologien. So haben wir beispielsweise den 3D-Druck bereits im Haus. Und auch Nachhaltigkeit ist ein Thema, das in den nächsten Jahrzehnten noch nicht abgeschlossen sein wird. Hier die Nase vorn zu haben, wird immer wichtiger. Ein starkes, hochwertiges Markenportfolio mit unterschiedlichen Stilrichtungen, die Bestand haben – das ist unsere Vision, die wir vorantreiben und stärken wollen.“ Und schön sollen die Brillen natürlich sein.
Fotos: Silhouette
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