Fließende Formen, fantasievolle Dekore und die Freiheit der Farbe sind die Merkmale der Modekollektion von Odeeh. Die Designer Otto Drögsler und Jörg Ehrlich vertrauen auf hochwertige, handwerkliche Kunst in bester Ateliertradition. Auch beim Design von Brillen.
Ihr Studio liegt in einem ehemaligen Supermarkt am Rand von Giebelstadt unweit von Würzburg. An der früheren Fleischtheke vorbei geht es zu den Atelierräumen mit großen Tischen, auf denen Schnitt-, Stoff- und Farbmuster ausgebreitet sind. Ihr schöpferisches Refugium liegt etwas abgeschirmt, an einer der Wände hängen gerahmte Zeichnungen, mit blauer Tusche aquarellierte Körpersilhouetten. „Wir arbeiten auf Tuchfühlung mit der Kreation. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nähen hier in Giebelstadt die Musterstücke für die Kollektionen”, erklären Otto Drögsler und Jörg Ehrlich.
Ihre Marke Odeeh steht für die rar gewordene Ateliertradition in der Schneiderkunst. Diese erlernten beide noch auf klassische Art und Weise. Drögsler studierte Modedesign an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien in der Meisterklasse von Karl Lagerfeld, der zu seinem Mentor wurde. „Lagerfeld begeisterte sich für Ideen. Nur musste deren Umsetzung gut gemacht sein. Das war sein Credo. Ein anderes: Alles sehen, alles vergessen! Man sollte nie kopieren. Er lehrte die Studenten, auch den Rücken zu betonen. Man müsse einer Frau hinterher sehen, wenn sie den Raum verlasse, meinte der große Meister.” Nach dem Studium arbeitete Drögsler für Lagerfeld in Paris. Jörg Ehrlich absolvierte eine Ausbildung als Herrenschneider und besuchte den Studiengang Gestaltung an der Fachhochschule Niederrhein.
Heute hat jeder von ihnen seinen persönlichen Fokus: Drögsler übernimmt eher den künstlerischen Part, Ehrlich den handwerklichen Teil, die Konzeption der Kollektion und das Marketing. Ihre Philosophie sei, etwas zu machen, dass antiindustriell gefertigt wird. „Wir versuchen das, was wir beide gelernt haben, die „old school” in der Modeproduktion anzuwenden. Unsere Kreationen basieren auf Entwürfen von Hand, auf Zeichnungen und Nesselschnitten, wie man sie klassisch aus den Pret-à-porter Kollektionsentwicklungen kennt. Dieses Prinzip versuchen wir beizubehalten.”
Otto Drögsler und Jörg Ehrlich lernten sich beim Modehaus Escada kennen, gemeinsam arbeiteten sie als Designer für verschiedene internationale Marken wie Chloé, Rena Lange und Toni Gard. Als Doppelspitze verantworteten sie dreizehn Jahre lang die Damen- und Herrenkollektionen der Modemarke René Lezard. Doch scheute das Duo auch gestalterische Abenteuer nicht, wie die Herausforderung, sich als Kreativdirektoren für die weltbekannte Porzellanmanufaktur Meissen zu beweisen: „Die Auseinandersetzung mit Dingen, die nicht unmittelbar etwas mit Mode zu tun haben, beflügelt uns”, sagen sie unisono. Nachdem sie für große Namen der Modebranche gearbeitet hatten, gründeten Otto Drögsler und Jörg Ehrlich 2009 ihre Marke Odeeh aus der spontanen Idee heraus, eine luxuriöse Jersey-Kollektion zu entwerfen. Jersey als Stoff sei bequem und unkompliziert, sinnlich und sexy, erklärte Drögsler in einem Interview mit einem bekannten deutschen Modemagazin. Mit dem eigenen Fashionlabel ging für beide ein langgehegter Traum in Erfüllung.
Ihre Mode suche einen spielerischen Ansatz, ihr Stil solle sich permanent verändern, sagen die Modedesigner, die vor üppigen Dekoren, Mustern und kräftigen Farben nicht zurückschrecken. Frauen, die ihre Mode tragen, sollten frei mit Kleidung experimentieren, sich gleichzeitig jedoch souverän und sexy fühlen. Selbstbewusst, neugierig, aufgeschlossen und tolerant sei die Odeeh-Kundin, sagen sie. Jede ihrer Kollektionen schaut anders aus. Deren Entstehung gleicht einer Entdeckungsreise, einem Aufbruch in unbekanntes Terrain. „Wenn wir Lust auf Kissen haben, machen wir Kissen! Wenn wir Lust auf die Farbe Rot haben, arbeiten wir mit zehn Rottönen.” Otto Drögsler zeigt Entwürfe der neuen Herbst-/ Winterkollektion. Es finge an mit Mustern, Farb- und Materialstudien.
"Jede der Kreationen von Neubau Eyewear und Odeeh zeugt vom Streben nach Perfektion."
Des Öfteren entscheiden sie sich für eine Kooperation und Interaktion mit Künstlerinnen und Künstlern, die Muster und Dekorelemente gestalten. „Daraus entstehen authentische Stoffdrucke, die weit über eine Saison hinaus aktuell sind.” Die Suche nach der Idee und der darauf folgende Schöpfungsprozess forderten ihre ganze Energie, sagen die Designer. „Mal ist es ein Foto, mal ein Buch oder eine Ausstellung, die uns auf ein Thema bringen. Die Kollektionen von Odeeh leben von der Lebendigkeit unser Intuition und nicht zuletzt von einer gewissen Planlosigkeit. Wir gehen antikonzeptionell vor, erlauben uns mehr Freiheit. So gingen wir auch an unsere ersten Brillenmodelle und das Projekt mit der Marke Neubau heran.”
Die Zusammenarbeit begann zur Berliner Fashion Week 2019. Odeeh sei ein Label, das sich mit Leidenschaft seinen Kreationen widme, kommentiert Neubau Geschäftsführer Daniel Liktor die Kooperation. Mit der Designer-Edition lancierte Neubau erstmals Fassungen aus dem Material Titan. Minimalistisch und zugleich markant: Die durchdachten Brillendesigns seien mutige Statements, die sich in gewisser Weise zurücknehmen, beschreibt Liktor die Modelle. Für die Modedesigner ist es ein spannendes Projekt. „Wir kommen mit einem Produkt in Berührung, das im Design und in der Herstellung anders gedacht werden muss. Bei unseren Brillenentwürfen haben wir uns sehr sachliche Fragen gestellt und nicht versucht, sie auf unsere Kollektion abzustimmen, denn wir sehen in einer Fassung mehr ein Design als ein Modeobjekt. Brille ist Millimeterarbeit. Sie muss stimmen, funktionieren, muss zum Gesicht passen. Mit unserem Design wollten wir das Potenzial klassischer Formen ausloten, nicht die Brille neu erfinden! Wir wollten schöne, zeitlose Fassungen von hoher Qualität machen.” Brillen seien kein Artikel für eine Saison, unterstreicht Otto Drögsler „So gehen wir auch an unsere Mode heran! Wir versuchen mit jedem Kleidungsstück – und jetzt auch mit jeder Brille – einen getreuen Freund, eine getreue Freundin fürs Leben zu schaffen.”
Fotos: Odeeh; Neubau Eyewear