Das Auge der Welt: Künstlerin Giulia Wyss entwirft für Humphrey's

Erstveröffentlicht in der Frühjahr/Sommer-Ausgabe 2023

Für das Brand Humphrey's entwirft die Schweizer Künstlerin Giulia Wyss ein farbenfrohes, fantasievolles Brillendesign inspiriert von der Streetart.

Mit den Augen sehen, mit dem Herzen erleben und Gefühle auf die Leinwand bringen: „Der Maler ist das Auge der Welt“, war schon eine künstlerische Erkenntnis des deutschen Malers und Grafikers Otto Dix, der zu den Protagonisten des 20. Jahrhunderts gehörte. Die Schweizer Malerin Giulia Wyss nimmt sich die künstlerische Freiheit: Sie malt vornehmlich Augen und Gesichter. Immer wieder. In allen erdenklichen Ausdrucksformen. Ihre Motive rühren von „einem realistischen, figurativen Impuls“ her, wie sie es selbst formuliert. Wyss Portraits zeigen Köpfe, schwungvoll umrahmt oder ausdrucksstark konturiert von graffitiartigen Zeichen. „Die Augen sind der Inhalt meines künstlerischen Daseins“, betont die Schweizerin, die den Fokus ihres kreativen Schaffens auf das menschliche Gesicht richtet.

In ihren Gemälden sucht sie die Beziehung zum Individuum, kommt ihm so nahe wie möglich: „Ich habe eine Obsession für Augen und die Kraft ihrer Botschaft. Ich male Augen, weil ich den Betrachter animieren möchte, über die Beziehung zwischen seinem eigenen Ich und der bildnerischen Arbeit nachzudenken.“ Ihre Gemälde laden Betrachterinnen und Betrachter ein, genauer hinzuschauen – oder vielmehr „sich hineinzufühlen in die Identität zwischen der Natur des Universums und der menschlichen Seele.“ Zwischen Betrachterin und Bild entstünde eine tiefere Spannung, ein nahezu intimer Dialog, ein Raum für Reflexion, erklärt Wyss. Die Auseinandersetzung mit der menschlichen Psyche, der Körperlichkeit, der Physiognomie von Gesichtern, der Sprache der Augen sind für Wyss die Quelle ihres Schaffens: „Was mich Augen empfinden lassen, kann ich nicht mit Worten beschreiben und doch sehe ich eine Herausforderung darin, dieses Gefühl künstlerisch zu übermitteln. Deshalb male ich. Die Malerei ist das einzige Mittel, das mir erlaubt, mich dieser Erfahrung, dieser Botschaft zu nähern und für diese einen eigenen Ausdruck zu finden.“ Der Satz „We are not the same, but we are one!“ sei ihr vor einigen Jahren in einem Traum erschienen. „Da beschäftigte ich mich bereits mit der Porträtmalerei und spürte das Verlangen, Gesichter und Augen in einer Weise zu malen, die man nicht einfach nur anschaut, sondern intensiv wahrnimmt. Mein Wunsch ist es, mit meinen Bildern Menschen emotional abzuholen und sie zum Nachdenken über das eigene Ich zu motivieren."

In ihrem Atelier lehnt eine Reihe fertiger Bilder an den Wänden, auf Staffeleien warten Leinwände auf ihre Vollendung. Doch wie gelingt es, von großformatigen Bildern umzudenken auf das Design einer sehr begrenzten Oberfläche, bestehend aus Brillenfront und Brillenbügeln? Die Arbeit an den Entwürfen zur Kapselkollektion von Humphrey’s Eyewear – einer Marke des Nürnberger Brillenherstellers Eschenbach – wurde für die Künstlerin eine neue Erfahrung in Bezug auf Größen und Proportionen: „Diese Art der Gestaltung hat eine spannende Dynamik in meine Arbeit gebracht. Plötzlich eine Kollektion für Brillen zu designen, war herausfordernd – das Skizzieren und Gestalten der Fassungen fiel mir aber leicht, denn es war klar, dass auf den Brillen nichts Figuratives dargestellt werden konnte. So ließ ich mich einfach von stimmigen Farbkompositionen und dynamische Formen, von der Liebe zum Detail inspirieren.“

Formen. Farben. Zeichen. Die Künstlerin Giulia Wyss gestaltete die Brillendesigns der neuen Capsule Collection von Humphrey’s Eyewear.

Ihre beschwingten und energiegeladenen Zeichen wurden zum Charakteristikum des Brillendesigns. „Ihr Ursprung liegt in meinen ersten Gemälden, den zufälligen, groben Klecksen und Pinselstrichen der Hintergründe. Beim genaueren Betrachten aber erkennt man, wie sich durch das fortlaufende Experimentieren die Formen und Zeichen in meinen Bildern verfeinert haben und mehr in den Vordergrund treten“, beschreibt die Künstlerin ihren Kreativprozess.

Für Annette Kluger, Marketingleiterin der Eschenbach Eyewear, sind Kooperationen mit Künstlerinnen und Künstlern ein interessanter Weg, Markenwelten ins Gespräch zu bringen. Ihr Ehemann, Matthias Kluger, der als freischaffender Künstler und Schriftsteller arbeitet, wird von der gleichen Schweizer Kunstagentin wie Giulia Wyss vertreten. „Die Zusammenarbeit mit Giulia resultierte aus diesem persönlichen Kontakt“, erklärt die in der Kunstszene gut vernetzte, kulturaffine Marketingspezialistin. Das wiederum gebe ihr die Möglichkeit, gezielt nach Künstlern Ausschau zu halten, sagt Kluger: „Giulia und ihre Arbeit passen perfekt zu Humphrey’s Eyewear, denn die Marke hat immer den neu-esten Streetstyle im Visier, und ihre Kunst zeigt deutliche Einflüsse der Streetart.“

Kunst erweitere den Horizont und gebe auch Unternehmen und Marke wichtige Impulse, ergänzt Kluger: „Künstlerin, Brillendesigner, Produktmanager und Marketing inspirieren sich gegenseitig, wie diese Kooperation zeigt. Unternehmen und Künstler kommen miteinander ins Gespräch und schaffen Neues.“ Vor allem zeige sie, welche kreative Strahlkraft der künstlerische Ausdruck für eine Marke hat. Kunst inspiriere das Marketing, wenn die Ideen fließen, ist die Eschenbach-Marketingleiterin überzeugt. „Passt ein Künstler zu einem unserer Brands, dann sind Kapselkollektionen eine interessante Möglichkeit der Umsetzung. Giulia Wyss ist ein sehr gutes Beispiel, denn ihre Kunst steht für Inhalte und Werte, die von der Zielgruppe der Marke geteilt werden. Ihre persönliche Botschaft ,We are not the same, but we are one‘, möchte uns sensibilisieren, in dem sie uns sagt, dass die Gesellschaft nur über Zusammenhalt und ein gemeinsames Bewusstsein die Herausforderungen der Zukunft bewältigen kann.“

Fotos: Eschenbach Eyewear