Erstveröffentlicht in der Herbst/Winter-Ausgabe Sublime 2023
Form und Farbe sind für die Brillendesigner des französischen Brands J. F. Rey untrennbar miteinander verbunden. Dabei vertrauen sie auf ihre Sensibilität, die Freiheit in der Gestaltung, ihren Mut zum Experiment.
Design ist Teamarbeit, ein Austausch unterschiedlicher Kulturen, sagen die Kreativen von J.F. Rey: Die Französinnen Fanélie Colomb und Marie Lebon, die Italienerin Fausta Padula, Rebeka Godoy aus Brasilien und der Franzose Olivier Mollard bringen dabei viele Jahre internationaler Designerfahrung zusammen. Der zentrale Firmensitz in Marseille ist das kreative Gravitationszentrum des Teams, doch ihre Antennen sind überall auf der Suche nach Ideen. Neugier sei ein wichtiger Schlüssel für ihre Arbeit, ebenso die Sensibilität für Formen und Farben, die Freiheit zu experimentieren. Es brauche das „geschulte“ Auge, um Trendentwicklungen und Codes zu erkennen, die für ihre Kollektionen interessant sein könnten, und diese mutig in ihre Produkte einzubringen, betonen sie. Die unterschiedlichen Erfahrungshorizonte und Sichtweisen bereichern ihren Austausch, bestätigt Mollard: „Unsere Ausbildungen sind verschieden, wir haben Industriedesign, Modedesign oder Fashion Business studiert. Wir kennen uns aber alle mit Farben aus, wissen um die Materialqualitäten und die Möglichkeiten der technischen Prozesse.“ Am Anfang jeder Kollektionsentwicklung stehen Trendrecherchen: Mode, Möbeldesign, Kunst, Architektur, die Automobilindustrie und neueste Dekortrends liefern kreativen Input. Modeschauen, Musikshows und künstlerische Veranstaltungen neben Pinterest, der Online-Pinnwand für Grafiken und Fotos, Pantone-Farbkarten und -Kataloge, Fachzeitschriften und Trendberichte gehören zu den Quellen. Es sei eine Frage der individuellen Vorliebe, bekräftigt Mollard und fügt hinzu, er sammele oft Ideen aus Büchern, Filmen oder einfach in Gesprächen. „Trends erzeugen Stimmung, geben Impulse, die wir im Entstehungsprozess einer Brille, einer neuen Linie innovativ interpretieren.“
Nicht zuletzt vertraut jede Designerin, jeder Designer auf die eigene Sensibilität, die persönliche Emotion, die eigene Vorstellungskraft. „Zunächst arbeitet jeder für sich. Anschließend werden alle Informationen mit den Designskizzen abgeglichen, um herauszufinden, welche neuen Farben und Materialien zum jeweiligen Konzept passen.” Nach der Sichtung der Bestseller-Produkte einer Saison und der Auswertung eigener Trendanalysen werden schlussendlich die neuen Farbpaletten definiert und exklusive Farbkombinationen entwickelt, „die ihre Brillen anders und ansprechend machen“, erklärt Rebeka Godoy. Fausta Padula hat dabei beobachtet: „Das am weitesten Entfernte ist oft das Interessanteste, weil es den Blick öffnet, mit dem wir Materialien, Formen und die Verwendung von Farben erkunden.“ Doch die Vielfalt der Ideen wird immer durch den Filter der Erfahrung geschickt: „Wenn man eine Idee im Kopf hat, kann man einen Link zum richtigen Trend finden oder auch einen neuen erschaffen. Resümierend lässt sich sagen, dass wir bei J.F. Rey aber lieber selber Trends schauen.“ Gefragt nach ihren Favoriten bei klassischem, ikonischem und futuristischem Kolorit offenbaren fünf verschiedene Köpfe naturgemäß unterschiedliche Sensibilitäten (vom profanen Geschmack sprechen Designerinnen und Designer übrigens nie). Klassiker für Fanélie Colomb sind Schildkröten- und Leoparden-Muster, zeitlose Töne wiederum das Rot und Blau eines Piet Mondrian oder das Schwarz-Weiß der Memphis-Künstlerbewegung. „Futuristisch finde ich etwas neu und noch nie gesehenes wie ein ,verrücktes’ Grün oder ein ,unglaubliches‘ Gelb.“ Marie Lebons Klassiker ist Blau „wegen seiner Beliebtheit und zeitlosen Qualität. Ikonisch ist für mich Rot in allen Variationen und aufgrund der intensiven Wirkung, die für Leidenschaft, Liebe und Kraft steht. Modern finde ich fluoreszierende Farben und Neonfarben, wie grüner Anis, den Farbton liebe ich besonders.“ Rebeka Godoy zählt Schwarz und Weiß und alle Nude-Töne zu den Klassikern. „Ikonisch sind für mich Rot, Königsblau und Kristall, futuristisch dagegen Rhodaminrosa, Grüne Flasche, Tech Lavande und Rotes Blut.“ Für Fausta Padula werden klassische Farben vornehmlich mit dunklen, nüchternen Nuancen identifiziert wie Blau, Dunkelgrün, Schwarz, Grau, Braun – oder einem Havanna bei Brillen. „Ikonische Farben sind immer mit einer Geschichte, einem Ort, einer Marke, einem Produkt, einer Person verbunden.
Klein Blue, Barbie Pink, Bordeauxrot, Hermès-Orange … jeder kennt diese Farbtöne. Als futuristische Farben werden kalte und metallische Töne eingestuft, die mit technologischem Fortschritt verbunden sind.“ Olivier Mollard hingegen sieht im Hier und Heute und in der Zukunft nur eine Farbe dominieren: „Schwarz, Schwarz und Schwarz!“ In den J.F. Rey Kollektionen jedenfalls wird an Farbe nicht gespart. Rot, der Grundton des Firmen-Logos, sowie Schwarz und Silber gehörten zum ikonischen Kolorit, erklärt Rebeka Godoy. „Die Farbwahl ist jedoch immer eine Frage der Ausgewogenheit und der künstlerischen Absicht, die vom Brillenmodell, dem gewünschten Ausdruck, aber auch vom Endkunden abhängt. Die Farbe folgt dem Design der Fassung, sie kann sie aber auch überhöhen, eine neue, aufregende Interpretation geben“, beschreibt Marie Lebon den Gestaltungsprozess. „Wir schließen niemals eine Farbe aus, setzen uns keine Grenzen bei der Farbbestimmung. Auch wenn eine Farbe im Gesicht „schwer“ zu tragen ist, kann sie ein fantastisches Element in einer Kombination aus zwei Farbtönen sein.“ Ihre Farbkombinationen hätten, so ist sich das Designteam sicher, diesen besonderen, wie sie es nennen, „J.F. Rey-Touch“. Touché!
Fotos: J.F. Rey
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